Dienstag, 27. November 2012

Ein kurzer Weg

Kurze Tage, im dichten Nebel verhangen. Wenig Inspiration von außen. 
Lichte Tage nur in der Erinnerung. Gespeichert in Bildern und Emotionen.
Kalte Tage kommen auf uns zu. Unweigerlich.
Warme Tage sind Vergangenheit und Zukunft.

Jetzt sind warme Tage mit Menschen verbunden. Diese Wärme braucht Zeit und Aufmerksamkeit. Sie kommt von innen und hat einen kurzen Weg, von Herz zu Herz.


                     Keri, Zakynthos (eine der Ionischen Inseln im Mittelmeer)

     

Mittwoch, 21. November 2012

~Die mit den Flügeln~ /1

Eine vorweihnachtliche Spurensuche im Jahr 2012


Wer sind sie? Wo sind sie? Was machen sie?

Sie schweben, sitzen, stehen in großer Zahl in allen (katholischen) Kirchen Europas, besonders zahlreich bevölkern sie barocke Kirchen. Nicht selten golden glänzend aus Holz, in Stein gemeißelt für die Ewigkeit oder von hunderte Jahre alten Fresken blicken sie - selbst meist groß - auf uns kleine Menschen herab. Kommt man in Kirchenräume, führt kein Weg an ihnen vorbei.


         viele hundert Jahre altes Fresko in der Kirche des Convento de Santa Clara in Assisi, Italien

Gut, das ist alles Geschichte könnte man sagen. 
Als ich für diese Miniserie mein Archiv durchforstete fand ich ad hoc (leider kam ich bisher nicht auf die Idee ein Album zum Thema anzulegen) verschiedenste Darstellungen von Engeln im öffentlichen Raum. Europäische Städte sind voll davon. Engel auf Sockeln, Gebäuden, Friedhöfen. Wollte man die spirituelle Ausrichtung dieses Kontinents der letzten - sagen wir - ungefähr tausend Jahre festmachen, kommt nichts, rein gar nichts in der dargestellten Präsenz diesen *Wesen* nahe.




Beide Bilder sind um die Sommersonnenwende in Dresden aufgenommen und zeigen die Kunstakademie an der Brühlschen Terrasse. Die letzten Strahlen der untergehenden Sonne bringen das Gold der riesigen Statuen wunderbar zum glänzen.
Nicht immer sind die Figuren im Engelsgewand als solche gemeint, oft sollten Gottheiten, wie oben auf dem Bild Fama oder allegorische Figuren dargestellt werden. Dem unkundigen Betrachter fallen aber die Flügel ins Auge und die Assoziation zu Engeln ist somit da.



Hier auf dem Dachsims der Postsparkasse, einem der hervorragenden Bauten Otto Wagners an der Wiener Ringstraße stehen zwei Engel im Jugendstil, das Gebäude ist gerade etwas mehr als hundert Jahre alt und kein Sakralbau.



Bei den regelmäßigen Messbesuchen in meiner Kindheit faszinierte mich erstens die Orgelmusik und zweitens all die Engel, die ich Zeit hatte zu betrachten, die Messe wurde damals noch in lateinischer Sprache gehalten. Der Pfarrer, der auch unser Religionslehrer in der Grundschule war, wurde nicht müde zu betonen, dass wir uns auf Gott und Jesus konzentrieren müssten, alles andere(!) sei diesen beiden untergeordnet. All die Engel in Kirchen und im öffentlichen Raum als Hinweisgeber für das Göttliche?

Diese Argumentation ist nachvollziehbar und doch greift sie zu kurz. 

Es scheint einem tiefverwurzeltes Bedürfnis zu entsprechen Engel anzuschauen und das nicht nur in bildnerischer Darstellung sondern sehr häufig auch dreidimensional, sonst würde dieses Motiv nicht so oft umgesetzt. Nicht nur im Innenbereich mag man sich mit ihnen umgeben, sondern eben sehr stark im öffentlichen Raum. Und auch nicht nur in der Vergangenheit, wie hier in der Folge noch zu sehen sein wird ...
     

Donnerstag, 15. November 2012

Bilder auf Papier / 11

November

Eine besonders schöne Version irischer Kreuze sah ich auf Church Island, Derrynane Bay auf der Iveragh Halbinsel im Südwesten Irlands. 
Besonders in den Details der Formen und auch der Ornamente. 
Schön gearbeitete Efeuranken mit Früchten schmücken die Balken dieser drei Kreuze.



Das Bandflechtmuster im Zentrum scheint auf den ersten Blick üblich, aber bei näherem hinsehen fällt auf, dass die Enden lose auslaufen und nicht wie sonst häufig zu sehen in einer Endlosschleife (Celtic knot) miteinander verbunden sind. Leider hab ich zu wenig darauf geachtet, ob dieses Symbol öfter vorkommt und kenne auch die Bedeutung dieser Form nicht. Vielleicht wisst ihr mehr darüber?



Bei einem meiner Besuche auf diesem winzigen Inselhügel leuchtete die Sonne plötzlich hinter dem Rand einer Wolkenwand hervor und trennte die Welt in eine düstere und eine heitere Seite. Je nachdem, in welche Richtung ich blickte, erschien alles entweder dunkelgrau oder im Sonnenlicht glitzernd farbig.

In diesem Moment konnte ich beiden Seiten gleich viel abgewinnen...
Sich nicht entscheiden zu müssen macht manchmal frei.



Hier (click) könnt ihr die anderen Seiten meines diesjährigen Irlandkalenders nachlesen. 
Einen Ausblick auf das nächste Jahr seht ihr hier (click). Für Nachbestellungen bitte mailen: *elisabeth.firsching(at)gmx.at*

    

Dienstag, 13. November 2012

Eine neue Dynamik

Geburtstage der eigenen Kinder: Im Jahreslauf erscheinen sie mir wie kleine Lebensanker. Egal wie lange die Geburten zurückliegen, diese Tage markieren entscheidende Anfänge in meinem Leben und sicherlich erlebe nicht nur ich es so.
Von einem Tag zum anderen: Mit dem neuen Familienmitglied verändert sich alles. Eine neue Dynamik im familiären Beziehungsgefüge macht das Leben plötzlich viel unberechenbarer und damit auch spannend. Bei all meinen Kindern liebte ich diese erste Zeit, als wir miteinander vertraut wurden und bestimmte Eigenheiten hervortraten.

Und es gibt diesen roten Faden, den man meist erst im Nachhinein als solchen erkennt. Dankbarkeit ist eines der schönen Gefühle, die an Geburtstagen meiner Kinder auftauchen. Die Anzahl der seitdem vergangenen Jahre spielt keine Rolle, wir sind neugierig auf das Muster, das unsere Leben malen und zu einem großen ganzen Gemälde vereinen.



Wie schön, dass es Fotos gibt, die uns helfen uns an einzelne Augenblicke zu erinnern!

Sonntag, 11. November 2012

Ein Stück gedehnte Zeit

Selbst wichtel-un-gläubigen Realisten laufen in dieser Szenerie wohlige Märchenschauer wie zuletzt vielleicht in der Kindheit über den rucksackbepackten Rücken. Zu Füßen von Eichen, Stechpalmen und da und dort Birken strömt uns Moos seinen herb-feuchten Duft entgegen. Es breitet sich über alles, Steine, Erde, abgebrochene Zweige und gibt eine perfekte Tarnung für allen unsichtbaren Zauber dieses Waldes.



Nationalpark Killarney. Wahrscheinlich jeder Irlandreisende fährt auf der Straße von der gleichnamigen touristisch stark erschlossenen Stadt hinauf in die Berge der MacGillicuddy´s Reeks. Eine romantische Szenerie begeistert auch vom Auto aus, viele Male war ich dort schon auf vier Rädern unterwegs. Dass sich im Hinterland eine solch üppige "von jeder Zivilisation abgeschottet scheinende" wunderbar zu erwandernde Landschaft verbirgt hätte ich nie vermutet, denn auf einer Seite der Straße geht es bergab zu den Killarney Lakes, auf der anderen Seite fährt man an Felsen entlang.




In Irland liebe ich besonders die Ausblicke auf das Meer, so unterschiedlich wie hier sind sie vielleicht nirgendwo anders. Und doch: Hier im Hochmoor und im Zauberwald erleben wir eine andere Seite der Natur Irlands. Dies hier kann man sich nur wandernd erschließen.

Ihr seht uns, eine kleine Gruppe auf einem Hochplateau zwischen hohem Moorgras. Hier gibt es einen Weg, an anderen Stellen liegen dicke, mit Hasengitter umwickelte Eisenbahnschwellen, das Gebiet wäre sonst unpassierbar, der Untergrund ist viel zu feucht, das Gras zu hoch. 



Meine Rolle als Schlusslicht ermöglicht es, manchmal auch ein wenig allein zu sein. Inmitten dieser fast unwirklich scheinenden Welt kommen mir Tränen, so viel überwältigend ordnende Kraft, Gleichgewicht, Schönheit schlägt mir von allen Seiten entgegen. So müssen sich Prärieindianer gefühlt haben, erinnert sich mein Mädchenhirn, die Bücher von Karl May bahnen sich durch mein Gedächtnis. 
Aber es ist mehr, diese Naturerfahrung machten wir als Kindern nicht, obwohl wir viel im Wald unterwegs waren. Wanderwege im Umland einer mitteleuropäischen Kleinstadt sind schön aber doch sehr domestiziert.

Ein langes Stück durch im Wind summendes Gras, der Rhythmus meiner gleichmäßig gesetzten Schritte auf dem ebenen Pfad holen mich aus dem vertrauten Zeitgefüge, ein Stückchen gedehntes Leben, eine kleine Ewigkeit, ein Schritt nach dem anderen, angekommen bei Mutter Erde, ich fühle mich geborgen...


                                       alle Bilder von der September-Wanderwoche 2012, Killarney Nationalpark

Wir wandern auf einer ehemaligen Passstraße und fragen uns, wie es Menschen früher bewerkstelligt haben in diesem Gelände mit Gepäck heil durchzukommen. 
Diesmal zeigen die Bilder nur wenig von dem, was uns hier für sich einnahm. Gerüche und Geräusche, der Wind im Gesicht fehlen schmerzlich. Vielleicht könnt ihr trotzdem ein kleines bisschen erhaschen von einem Tag, der für mich war wie ein unerwartetes Geschenk. 

HIER findet ihr bei Interesse zu den Irland-Wanderwochen. Die Termine für das kommende Jahr sind da. Jetzt ist Zeit, sich auf die kommende Wandersaison zu freuen und Pläne zu schmieden. Ein Geheimtipp der Extraklasse!

Hier auf kleine freude gibt es immer wieder Bilder von den Wanderwochen mit Markus in Westcork und Kerry, zum Nachlesen früherer Posts gehts hier entlang.

    

Dienstag, 6. November 2012

2 x 56

Gestern stehen wir an der Stelle, wo vor 56 Jahren ein Lastauto anhält, der Fahrer meine Eltern fragt, warum wir Richtung Innenstadt gehen, wo doch alle aus der Stadt hinaus Richtung Grenze unterwegs seien. Er würde in 10 Minuten noch mal hier vorbeikommen und uns mit nach Österreich nehmen, wenn wir wollten. 
4. November 1956, Panzer der russischen Besatzungsmacht rollen Richtung Budapest, um die unmissverständlichen Rufe der Studenten nach Freiheit niederzuschlagen. Österreich ist bereits seit einem Jahr frei, ein demokratisch regiertes Land. Im benachbarten Ungarn ist alles anders. 
Plötzlich überall Soldaten, auch in Sopron der Grenzstadt, wo ich geboren bin und wir bei den Großeltern leben. Die Verunsicherung und Angst ist groß, niemand weiß, was als nächstes geschehen wird. Wir fahren mit dem Laster über die Grenze, wie Zehntausende andere in diesen Tagen auch. Eine Entscheidung von großer Tragweite. Bald danach sind die Grenzen dicht. Wir sind in Österreich.

                                Sequoiadendron giganteum im Erzsébet Kert in Sopron, Ungarn

 
Jahre später, als nach einer Amnestie die ehemaligen Flüchtlinge ohne die Gefahr einer Bestrafung wieder nach Ungarn einreisen dürfen, können wir unsere Großeltern besuchen und wir gehen durch die Straßen der Stadt. Woran ich mich - inzwischen Grundschülerin -  erinnern kann, dass mir mein Großvater mit einem verschmitzten Lächeln erzählt, dass dieser ganz besondere Baum in einem Park steht, der denselben Namen trägt wie ich: *Erzsébet* Garten. Vielleicht auch nur aus diesem Grund habe ich den Mammutbaum dort nicht vergessen. Inzwischen trägt er vielleicht 2 mal 56 Jahre in seinen Jahresringen und ist eine stattliche Erscheinung. Diese Baumart stammt aus Nordamerika, manche Exemplare können im Alter an 56 mal 56 Jahre herankommen, wenn sie günstige Bedingungen vorfinden. Mit so etwas wie Elefantenfüßen steht dieser Gigant da.


Viel ist rund um ihn herum an großen Veränderungen passiert.
Ganz in der Nähe wurde der Eiserne Vorhang geöffnet, stillschweigend. Bald danach fiel die Berliner Mauer. Wenn wir jetzt über die Grenze in meine Geburtstadt fahren, gibt es keine Balken mehr, wir können ungehindert passieren.

Unser Ausflug findet hier seinen kraftvollen Anker. Wir drei, meine Eltern und ich staunen über die wundersamen Wege, die sich im Leben ergeben, über schicksalshafte Wendungen, wo sich eins ins andere fügt, als wäre alles Teil eines großen Planes. 

Vor etwa 15 Jahren brachte ich einen, in einer Plastikfiole verpackten Mammutbaumkeimling aus dem Shop des Muir Woods Nationalparks nördlich von San Francisco in meinem Rucksack mit nach Hause. Einige Jahre war nicht klar, ob er es schaffen würde, nach dreimaligem Umsetzen hat er sich heimisch gemacht, wächst bei uns im Garten und umspannt für mich symbolisch Kreise meines Lebens.





Dieser hier ist *mein erster* Mammutbaum, sowie es einen ersten Schultag, eine erste Liebe und einen ersten Kuss im Leben gibt. Ich spüre seine tief verwurzelte Kraft und dass über Grenzen hinweg verbunden ist, was zusammengehört.

    

Samstag, 3. November 2012

Ein kleiner Ausschnitt...

Ein kleiner Blick in den Garten: Das war´s vor ein paar Tagen, heute sieht es schon wieder anders aus. Rosa und pink verstecken sich, gelb-orange-rot-braun und auch noch grün, plötzlich harmoniert hier alles, ohne dass wir etwas dazu tun müssen. Und: Ich habe einen Blickwinkel gefunden, von dem aus das riesige Loch mit der Baustelle dahinter nicht sichtbar ist. Ein paar Schritte vor und da klafft es, weil am Nachbargrundstück zu tief abgegraben wurde und das Bachbett komplett abgerutscht ist. Ein gutes Beispiel dafür, wie man mit Fotos spielen kann. Ein kleiner Ausschnitt der Wirklichkeit und alles passt.



"Späte Rosen im Garten lassen den Winter noch warten" (Volksmund)

In unserem Garten könnte man sich auf diesen Spruch verlassen. Die Rosen haben noch mal einen kräftigen Anlauf genommen, aber es geht nicht viel weiter. Bis eine Knospe aufgeht dauert es Tage. Andererseits kann man sie lange bewundern, die Farben bleiben über Tage intensiv und verblassen nicht. Was im Frühjahr oft zu schnell geht, hat jetzt alle Zeit der Welt. Naja, bis die ersten Eiskristalle das Wachstum stoppen. Bis dahin Freude.



Neben den Knospen reife Hagebutten. So eine Vielfalt gibt es nur jetzt und sie erscheint so kostbar, morgen schon vielleicht vergangen. 
Ein Streifen Licht am Horizont, gerade eben kommt die Sonne nach einem Nebeltag zum Vorschein, bevor sie bald unter dem Horizont versinkt. Das hat Methode im November und langsam gewöhne ich mich daran.




   

 
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