Sonntag, 30. September 2012

Hommage an eine Blutbuche

Auf meinen Reisen besuche ich Bäume wie andere Freunde oder Verwandte besuchen. Dabei plane ich solche Begegnungen nicht extra ein, es zieht mich hin, wenn ich in der Nähe bin und wie beiläufig, als hätten sie mich gerufen, finde ich mich ein. Kurz, auf ein Hallo, ein kleines Verweilen.

Hier auf dem Bild seht ihr die Blutbuche (Fagus sylvatica purpurea) an der Auffahrt zu Bantry House and Gardens im Südwesten Irlands. Als ich sie das erst Mal sah, ich glaube mich zu erinnern, dass es in einem Juni war, konnte ich eine gefühlte Stunde nicht an ihr vorbeigehen. Diese Aufnahme ist im Frühjahr 2010 entstanden, die Blätter sind noch nicht ganz entwickelt, die Krone noch etwas licht. Eine der schönsten Blutbuchen, die ich je gesehen habe.



Als ich vor ein paar Wochen Mitte September wieder an diese Stelle kam, gab es sie nicht mehr. "Honey fungus" (Armillaria mellea, dt.: Honigpilz), sagte die junge Gärtnerin mit Tränen in den Augen, nachdem ich sie fassungslos nach dem Grund gefragt hatte. Letztes Jahr schon wäre es kritisch gewesen, dieses Jahr entschied man sich schweren Herzens den Baum zu fällen, nachdem er sichtbar am Sterben war. Auf die Frage nach dem Alter meinte sie, man wüsste es nicht genau, aber es sei klar, dass der Baum schon da war, als das Herrschaftshaus um 1700 erbaut und der Garten angelegt wurde. 
Und sie fügte halb entschudigend, halb tröstend hinzu, dass die Buche heute sowieso nicht mehr ins gestalterische Konzept gepasst habe, weil sie das Haus optisch stark verdeckte und außerdem wäre es nun viel heller in diesem Bereich. Als würde das helfen, vielleicht aber ein Versuch sein, anzunehmen was nicht zu ändern ist. Man könne an dieselbe Stelle keinen jungen Baum pflanzen, der Pilz sei noch da, aber es sei im Park ein Keimling dieser Buche aufgegangen und dieser werde nun gehegt.
Ich werde an dieser Stelle immer die majestätische Schönheit sehen, die diese Buche ausgestrahlt hat und bin dankbar, ihr begegnet zu sein. 



So habe ich sie das letzte Mal gesehen, heuer im April noch vor dem Blattaustrieb. Aus dieser etwas anderen Perspektive kann man erahnen, wie mächtig ihre Krone war.


Übrigens: Auf allen drei Fotos seht ihr irischen Himmel. Auf Schäfchenwolken und tiefes Blau ist dort Verlass. Nicht immer, aber immer wieder!


                    

Donnerstag, 27. September 2012

Bilder auf Papier / 9

September

Im Sprung zum Oktober. Das Septemberfoto in meinem persönlichen Irlandkalender hüpft noch schnell herein, ehe es zu spät ist. Und es ist Eines, das ich besonders mag.


         auf der Nordseite der Beara Peninsula mit Blick auf die Bucht von Kenmare, Südwestirland

Die malerische Kieferngruppe im Hintergrund sollte ein schönes Fotomotiv abgeben, dafür hatte ich das Auto abgestellt. Doch als ich die Straße überquert hatte und auf die Böschung am Straßenrand steigen wollte, änderte sich mein Fokus gänzlich. Die spiegelglatte Wasseroberfläche in der Bucht warf mir den Himmel entgegen, die Muschelhälften lagen zu meinen Füßen auf der Erde und die Blüten des Spitzwegerich ragten wie winzige, keck in die Höhe strebende Baumstämme in meinen Horizont. Plötzlich war alles verschoben und ich fragte mich, warum wir Menschen so häufig mit dem gleichen Blick auf die Welt durch unsere Tage gehen. 

Ein paar Tage nach dem Äquinoktium, nach vielen Tagen, in denen ich viel Zeit in der Natur erleben konnte, fühle ich eine große Sehnsucht nach Balance mit den Kräften der Natur. Einer meiner Söhne kehrt nach mehreren Wochen aus Indonesien zurück und wird uns einen kleinen Einblick in recht unterschiedliche Lebenswelten geben können. Im Einklang mit Mutter Erde zu leben, unter Bedingungen, die ihr genausowenig schaden wie uns selbst, scheint hier in unserer Weltgegend unerreichbar, anderswo sicher nicht minder. Die Vorstellung von einem respektvollen und liebevollen Miteinander zwischen uns Menschen und unserem Heimatplaneten kann ich nicht aufgeben.
Ich sehe mich um und sehe den Himmel auf Erden, in kleinen Stücken. Manchmal.

Die anderen Kalenderblätter dieser Serie findet ihr hier.

Montag, 17. September 2012

Immer wieder

Heute nur mit einem Bild: Wieder zurück von einer Wochen wandern in Irland. Mit wunderbarem Licht wie hier am Ende der Mizen Halbinsel im Südwesten, als sich der Nebel hob und sich langsam auflöste.

More to come, bald, versprochen!




     

Freitag, 7. September 2012

Umgelenkt

Häfen üben eine große Anziehung auf mich aus. Dabei denke ich nicht nur an Yachthäfen, sondern auch an "working harbours". Boote, die jeden Tag hinaus fahren, mit denen man den Lebensunterhalt bestreiten muss tragen sehnsuchts- und kraftvolle Namen.



Aufgeräumt oder rostig, alles hier spricht eine Sprache, die so viel Symbolkraft in sich trägt.
Ich verstehe nicht so viel von Technik, aber all die Takelage auf Segelbooten, Netze, Seile, all die Farben faszinieren mich.



Ab und zu darf ich auf einem Segelboot mitfahren und zusehen, wie man es anstellt, dass Fahrt aufgenommen werden kann. Taue und Umlenkrollen, was für mich wie ein großes Durcheinander aussieht folgt dann doch einer Ordnung und funktioniert verlässlich, wenn man es zu bedienen weiß.
Bei starkem Wind muss man mehr Kraft aufwenden, kommt dafür schneller voran und es macht erst richtig Spaß.
Im Leben erleben wir solche Zeiten oft als bedrohlich, der Baum fliegt auf die andere Seite, was bisher oben war, gelangt in die entgegengesetzte Schieflage. Mit dem Wind segeln fordert Anpassungsfähigkeit. Annehmen, was das Leben manchmal überraschend bringt, nicht immer leicht.



Der Wunsch vorherzusehen was kommen mag ist verständlich, wir wollen gerne die Kontrolle behalten und wir wenden oft viel Energie auf, um die Zukunft überschaubar zu halten. Nicht immer gelingt es, Überraschungen zu verhindern. Das Leben setzt uns schon mal ins Auge des Sturms.


              Alle Fotos: Penzance/Südengland

"Augen auf (statt zu) und durch", ob auf hoher See oder im Wasserglas, jede Herausforderung lässt uns wachsen. In Umständen vertaut, die wir glauben nicht ändern zu können, gibt es immer auch ein Ende des Seils, wo man dran ziehen kann. Der Knoten löst sich, eine neue Freiheit tut sich auf.

Kurz ein Wort zu euren lieben Kommentaren der letzten Postings: Danke für eure Anteilnahme. Es ist immer eine Überlegung da, was und ob aus dem aktuellen eigenen Leben gepostet werden kann und was noch thematisch in diesen Blog passt. Der Fokus liegt nach wie vor auf Freude.
Das Leben ist  auch mal widersprüchlich und genau das kommt auch hier manchmal zum Ausdruck.



In diesem Posting haben mich die Bilder zu obigen Text angestoßen, nicht unbedingt ein aktueller Bezug zu meinem Leben. Aber irgendwie ist alles doch gleichzeitig gültig und da.


     









Dienstag, 4. September 2012

Eingesammelte Strahlen

Manchmal liegt Freude und Trauriges sehr nah beisammen. Da wird besonders bewusst, wie wertvoll gemeinsame verbrachte Stunden sein können. Die Kerze von unserer Tischdeko ist noch nicht ganz abgebrannt und ich mag das alles noch nicht wegräumen.



Reifezeit. Gereifte Zeit. Alles zu seiner Zeit und alles hat seine Zeit. Zeichen der Reife in der Natur faszinieren. Wenn der Blick in den Spiegel auf solche Zeichen fällt, begeistert das weniger. 
Vergänglichkeit macht uns manchmal Angst. Obwohl so viel Schönheit aus dem Ende eines Lebenszyklus strahlt. 

All die eingesammelten Sonnenstrahlen und Erfahrungen sind es. Aus einem langen oder kurzen Leben leuchten sie, gut oder schlecht? Das ist nicht die Frage. Buntes und Tiefe ist, was mich interessiert. Vielschichtig ist das Leben, ich mag den Reichtum darin sehen. Viele Wege gehen, Fehler machen, Altes abschließen, Neues beginnen und dankbar sein für alles, was mir begegnet. Nicht immer leicht, aber immer eine (innere) Reise wert.




     
Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...